TOP Ö 10: Festsetzung der Realsteuerhebesätze 2016 und Erlass einer Hebesatzsatzung

Beschluss:

 

Der Stadtrat beschließt mehrheitlich mit 17 Stimmen bei 9 Gegenstimmen, die Realsteuerhebesätze für das Jahr 2016 wie folgt festzusetzen:

 

Grundsteuer A    =       340 v.H.,

Grundsteuer B    =       420 v.H.,

Gewerbesteuer    =       445 v.H.

 

und die als Anlage 8 beigefügte Hebesatzsatzung zu erlassen.

 


Sachverhalt:

 

Gemäß § 25 Grundsteuergesetz bzw. § 16 Gewerbesteuergesetz bestimmt die Gemeinde, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrages die Grund- und Gewerbesteuern (Realsteuern) zu erheben sind.

Der jeweilige Hebesatz kann für ein Kalenderjahr oder mehrere Kalenderjahre festgesetzt werden.

Zuletzt im Rahmen einer Hebesatzsatzung wurden durch den Stadtrat in seiner Sitzung am 16.12.2014 die nachstehenden Hebesätze für das Jahr 2015 beschlossen:

Grundsteuer A     =      300 v.H. (1986 bis 2011 = 270 v.H., 2012 bis 2014 = 280 v.H.)

Grundsteuer B     =      380 v.H. (1992 bis 1994 = 330 v.H., 1995 bis 2011 = 350 v.H.,

                                                    2012 bis 2014 = 360 v.H.)

Gewerbesteuer     =      430 v.H. (1986 bis 2000 und ab 2005=430 v.H. / 2001 bis 2004 = 408 v.H.).

Anlass für die Rücknahme des Gewerbesteuer-Hebesatzes in den Jahren 2001 bis 2004 um 22 Hebesatzpunkte war das Gesetz zur Senkung von Gewerbesteuerhebesätzen vom 24.01.2001 (Amtsbl. S. 422), das den Ausgleich der Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer infolge Senkung der Gewerbesteuerhebesätze beinhaltete. Im Rahmen des Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2005 wurde dieses Gewerbesteuersenkungsprogramm mit Ablauf des Jahres 2004 beendet, was angesichts der defizitären Haushaltslage der Stadt die Wiederanhebung des Gewerbesteuerhebesatzes auf den vormaligen Stand erforderlich machte.

Bei der nun anstehenden Entscheidung über die Höhe der Realsteuerhebesätze für das Jahr 2016 ist zunächst der unmittelbare Einfluss der Hebesätze auf die Entwicklung der eigenen Steuereinnahmen vor dem Hintergrund notwendiger Maßnahmen zur Haushaltsverbesserung zu sehen. 

Darüber hinaus müssen die weiteren Auswirkungen im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt werden. Für die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl nach § 11 KFAG als einem der Faktoren zur Bemessung der Schlüsselzuweisungen, wird der gewogene Landesdurchschnitt der Hebesätze im zweit vorangegangenen Jahr zugrunde gelegt.

Dies hat zur Folge, dass bei darunter liegenden eigenen Hebesätzen höhere Einnahmen angerechnet werden, als tatsächlich zu verzeichnen waren, was letztlich zu verminderten Schlüsselzuweisungen führt.

Andererseits bleiben Einnahmen im Finanzausgleich anrechnungsfrei, soweit sie aus über dem gewogenen Landesdurchschnitt liegenden Hebesätzen resultieren.

Das Problem liegt jedoch darin, dass z.B. die Hebesätze des Jahres 2016 beschlossen werden müssen, lange bevor der gewogene Landesdurchschnitt dieses Jahres feststeht.

Es ist deshalb notwendig, die Entwicklung des gewogenen Landesdurchschnittes zu beobachten und ggfls. die eigenen Hebesätze vorausschauend anzupassen, da eine rückwirkende Korrektur nicht möglich ist.

Der Hebesatz-Vergleich sieht derzeit wie folgt aus:

Hebesatz v.H.

*2012

 

*2013

 

*2014

 

*2015

 

*2016

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stadt

gewog.

Stadt

gewog.

Stadt

gewog.

Stadt

gewog.

Stadt

gewog.

 

Ottw.

La.Du.

Ottw.

La.Du.

Ottw.

La.Du.

Ottw.

La.Du.

Ottw.

La.Du.

Grundst.A

280

253

280

256

280

258

300

?

?

?

Grundst.B

360

356

360

359

360

363

380

?

?

?

Gewerbest.

430

414

430

415

430

416

430

?

?

?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

maßg. Finanz- ausgleichsjahr

 

*2014

 

*2015

 

*2016

 

*2017

 

*2018

Sowohl bei den Grundsteuern A und B als auch bei der Gewerbesteuer liegen die Hebesätze über dem gewogenen Landesdurchschnitt des Jahres 2014. Lt. tel. Anfrage beim Landesamt für zentrale Dienste -Abt. A  / Statistisches Amt- wurden im laufenden Jahr 2015 (bis 30.06.) landesweit Hebesatz-Anpassungen vorgenommen. Dies steht einerseits in Zusammenhang mit der Verpflichtung einer zunehmenden Anzahl von Kommunen zur Aufstellung von Haushaltssanierungsplänen. Daneben tragen sowohl das auf dem Konsolidierungserlass vom 3. Juni 2015 basierende neue Berechnungsverfahren zum Abbau des strukturellen zahlungsbezogenen Defizites als auch das 2015 veröffentlichte Gutachten von Prof. Martin Junkernheinrich dazu bei, dass der zwischenzeitlich zu verzeichnende Trend kontinuierlicher Hebesatz-Erhöhungen auch in den kommenden Jahren anhalten bzw. sich noch verstärken wird.

Inwieweit der gewogene Landesdurchschnitt die Hebesätze der Stadt Ottweiler im Jahr 2015 bzw. auch im kommenden Haushaltsjahr erreichen wird, hängt sowohl von den Hebesatz-Anpassungen als auch von den Veränderungen des jeweiligen Ist-Aufkommens in den einzelnen Kommunen ab. Die größeren Städte (insbesondere Saarbrücken) haben dabei den meisten Einfluss auf die Bemessungsgrundlage.

Für die Stadt Ottweiler besteht aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen des § 82 a KSVG seit dem Haushaltsjahr 2011 die Verpflichtung zur Durchführung von Haushaltsverbesserungsmaßnahmen. Seit dem Haushaltsjahr 2012 muss ein Haushaltssanierungsplan erstellt werden. Der Umfang der jährlich zu erbringenden Sanierungsmaßnahmen richtete sich bis zum Haushaltsjahr 2015 nach der sog. „Bezugsbasis“, die für die Stadt Ottweiler in Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt im Zeitraum 2011 bis 2015 gleich bleibend auf 1,3 Mio. € beziffert wurde. Ab dem Haushaltsjahr 2016 steht nunmehr der Abbau des strukturellen zahlungsbezogenen Defizites im Fokus. Bei der diesbezüglich vorzunehmenden Berechnung (Konsolidierungserlass vom 03.06.2015) gelten Anhebungen im Bereich der Realsteuerhebesätze bereits ab dem Jahr der Anpassung als Sanierungsbeiträge und tragen insoweit direkt zur Defizit-Reduzierung bei.

Ungeachtet der Einführung neuer Berechnungs-Modalitäten ist es bei der bestehenden Defizitsituation im Ergebnishaushalt ohnehin angezeigt, neben einer absolut sparsamen Haushaltsführung auch alle Einnahmemöglichkeiten in vertretbarem Maße auszuschöpfen. Dies gilt insbesondere auch für die Realsteuer-Einnahmen, die, wie bereits erwähnt, im Finanzausgleich anrechnungsfrei bleiben, soweit sie aus über dem gewogenen Landesdurchschnitt liegenden Hebesätzen resultieren.

Zehn Prozent-Punkte beispielsweise würden - gemessen am aktuellen Aufkommen - bei der Grundsteuer A  rd. 1.200 €, bei der Grundsteuer B rd. 36.000 € (Mehrbelastung bei einem Einfamilienhaus in der Regel unter 10 €/Jahr) bzw. bei der Gewerbesteuer rd. 42.000 € ausmachen.

Der vom Rat in seiner Sitzung am 28.04.2015 beschlossene Haushaltssanierungsplan für den Zeitraum 2012 bis 2018 sieht bereits für das Haushaltsjahr 2016 eine Anpassung des Gewerbesteuer-Hebesatzes um 10 Punkte von 430 v.H. auf 440 v.H. vor. Daneben sind weitere Hebesatz-Anhebungen von jeweils 10 Punkten im Bereich der Grundsteuern A und B ab dem Jahr 2017 enthalten.

Der als Anlage beigefügten Aufstellung mit den aktuellen Hebesätzen der saarländischen Kommunen ist u.a. zu entnehmen, dass im ersten Halbjahr 2015 von 30 Städten und Gemeinden im Bereich der Grundsteuer B Hebesatz-Erhöhungen in einer Spanne von bis zu 200 Punkten (Gemeinde Mandelbachtal von 350 v.H. auf 550 v.H.) vorgenommen worden sind. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wird sich das in nicht unerheblichem Maße auf die Steigerung der Werte des gewogenen Landesdurchschnitts auswirken.

Vor dem Hintergrund der vorstehend geschilderten Entwicklung wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen, sowohl im Gewerbesteuer-Bereich als auch im Bereich der Grundsteuern A und B die Hebesätze zum 01.01.2016 anzupassen und folgende Anhebungen vorzunehmen:

            Grundsteuer A             von 300 v.H.   auf       310 v.H.

            Grundsteuer B             von 380 v.H.   auf       390 v.H.

            Gewerbesteuer             von 430 v.H.   auf       440 v.H.

Zwar sind die Steuerpflichtigen zur Leistung von Vorauszahlungen aufgrund des Vorjahresbescheides verpflichtet. Damit aber zum frühest möglichen Zeitpunkt Abgabenklarheit besteht und die Steuerbescheide 2016 auch vor dem Inkrafttreten der Haushaltssatzung erteilt werden können, wird der Erlass einer Hebesatzsatzung empfohlen.

 

Der Vorsitzende teilt mit, dass vom HPF-Ausschuss wegen noch bestehendem Beratungsbedarf keine Empfehlung ausgesprochen wurde. Der Vorsitzende weist in diesem Zusammenhang auf den im Juni 2015 geschlossenen Kommunalpakt zwischen der Landesregierung und dem Saarl. Städte- und Gemeindetag hin. Darin werde von den Kommunen Sparmaßnahmen in Anlehnung an die Vorschläge von Prof. Junkernheinrich verlangt. Im Übrigen erläutert er die Sitzungsvorlage.

 

Herr Batz (CDU) gibt zu bedenken, dass die finanzielle Entwicklung der Kommunen im Jahr 2016 noch nicht bekannt sei. Dennoch müsse heute über die Anhebung der Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer entschieden werden. Maßgebend für die Höhe der Schlüsselzuweisungen sei der gewogene Landesdurchschnitt. Liegen die zu beschließenden Realsteuerhebesätze in Ottweiler unter dem gewogenen Landesdurchschnitt, wirke sich dies negativ auf die Schlüsselzuweisungen aus. Ferner müsse die neue Defizit-Obergrenze nach dem neuen Haushaltserlass eingehalten werden, obwohl die finanziellen Entwicklungen sowohl bei den Einnahmen als auch auf der Ausgabenseite noch nicht bekannt seien.

Die CDU-Fraktion hält eine Anhebung bei der Gewerbesteuer um 15 auf 445 Punkte für angemessen. Die Grundsteuer A und B sollte um 40 Punkte erhöht werden, damit der gewogene Landesdurchschnitt nicht unterschritten werde.

 

Frau Cayrol (SPD) beantragt eine kurze Sitzungsunterbrechung.

 

Der Vorsitzende unterbricht die Sitzung von 19:08 bis 19:15 Uhr.

 

Herr Dr. Brück (SPD) weist darauf hin, dass das Gutachten von Prof. Junkernheinrich auf Steuerschätzungen mit der Basis 2011 erstellt wurde und von daher nicht mehr aktuell sei. Im Jahre 2013 wurden beide Grundsteuern und die Gewerbesteuer erhöht mit der Absicht, in 2015 und 2016 weitere Erhöhungen vorzunehmen. Im Jahre 2015 erfolgte die Erhöhung der Grundsteuer um 20 Punkte, die Gewerbesteuer wurde nicht erhöht. Die jetzt von der CDU-Fraktion vorgeschlagene Anhebung der Grundsteuer um 40 Punkte und um lediglich 15 Punkte bei der Gewerbesteuer vergrößere die Differenz und sei nach Meinung der SPD-Fraktion nicht ausgewogen. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Anhebung um jeweils 10 Punkte bei der Grundsteuer sei auch nach Meinung der SPD-Fraktion angemessen. Bei der Gewerbesteuer sei der Abstand zum gewogenen Landesdurchschnitt nicht so groß und sie sollte daher um 20 Punkte erhöht werden.

 

Herr Burger (Grüne) sieht die Entwicklung des strukturellen Defizits durchaus positiv. Wenn die Entwicklung auf dieser Basis weitergehe, hielten sich die Einsparbeträge in überschaubaren Grenzen. Bisher seien die selbst gesteckten Ziele im Rahmen der Haushaltssanierung in den Jahren 2011 bis 2015 weitaus übertroffen worden. Er spricht sich dafür aus, in diesen Bemühungen fortzufahren. Herr Burger schließt sich dem CDU-Vorschlag an. Er hält es für unabdingbar, die Grundsteuer in dieser Größenordnung zu erhöhen, da im nächsten Jahr mit einer weiteren, beträchtlichen Erhöhung der Kreisumlage zu rechnen sei, die durch die Mehreinnahmen bei Grund- und Gewerbesteuer dann wenigstens zum Teil abgedeckt werde.

 

Herr Batz (CDU) hält entgegen der Auffassung des Herrn Dr. Brück den Abstand zum gewogenen Landesdurchschnitt bei der Grundsteuer für grenzwertig. Erst durch die von der CDU vorgeschlagene Erhöhung werde ein ausreichender „Puffer“ erreicht. Die empfohlenen Anhebungen ergäben einen Gesamtsteuersatz bei der

Grundsteuer A                         von      340 Punkten,

Grundsteuer B             von      350 Punkten,

Gewerbesteuer             von      445 Punkten.

 

Frau Cayrol (SPD) fragt, ob sich die Verwaltung vor Erstellung der Sitzungsvorlage den gewogenen Landesdurchschnitt angeschaut, die Entwicklung in anderen Gemeinden beurteilt habe, um danach den Verwaltungsvorschlag zu erstellen.

Weiterhin beantragt die SPD-Fraktion die getrennte Abstimmung über Grund- und Gewerbesteuer.

 

Frau Iris Brück beantwortet die Frage von Frau Cayrol, dass natürlich die Angaben aus anderen Kommunen bei der Konstruktion der Vorlage berücksichtigt werden, soweit sie bekannt sind. Es müsse jedoch auch bedacht werden, dass alle Erhöhungen in den Gemeinden auch zu einer Anhebung des gewogenen Landesdurchschnitts führten, was nicht unbedingt vorteilhaft sei, da dies für die kommenden Jahre mit erneuten Anpassungen verbunden sei.

 

Herr Burger (Grüne) hält die Sitzungsvorlage hinsichtlich des jahresbezogenen Defizits für nicht ausgewogen, da er zum Ausgleich des o. e. Defizits weitergehende Sparvorschläge vermisse.

 

Herr Dr. Brück (SPD) spricht sich für regelmäßige, jedoch moderate Steuererhöhungen (evtl. auch über mehrere Jahre gestreckt) aus. Bei der Gewerbesteuer komme es nicht so sehr auf die Höhe an, sondern  es müsse der Abstand zum Landesdurchschnitt beachtet werden; z. Z. sei er relativ gering.

 

Herr Stephan Klein (SPD) gibt zu bedenken, dass durch jede überproportionale Erhöhung der Steuern der gewogene Landesdurchschnitt angehoben werde. Außerdem sollte bedacht werden, wer von den Erhöhungen betroffen werde. Er ist der Meinung, dass eine moderate Anpassung von Grund- und Gewerbesteuer, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, die beste Lösung für alle sei.

 

Der Vorsitzende lässt, dem Wunsch der SPD entsprechend, über die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer getrennt abstimmen. Es ist jeweils über den weitergehenden Antrag zuerst abzustimmen.

 

Abstimmung über den Antrag der SPD, die Gewerbesteuer um 20 Punkte anzuheben.

Ergebnis: Für den Antrag stimmen 9, dagegen stimmen 17 Ratsmitglieder - der Antrag ist somit abgelehnt.

 

Abstimmung über den Antrag der CDU, die Gewerbesteuer um 15 Punkte anzuheben.

Ergebnis: Für den Antrag stimmen 17, dagegen stimmen 9 Ratsmitglieder - der Antrag ist somit angenommen.

 

Abstimmung über den Antrag der CDU, die Grundsteuer A und B um 40 Punkte anzuheben.

Ergebnis: Für den Antrag stimmen 17 Stimmen, dagegen stimmen 9 Ratsmitglieder - der Antrag ist somit angenommen.