TOP Ö 3: Antrag der CDU Fraktion "Kita Streik - Auswirkungen und Handhabung der Elternbeiträge"

Beschluss: zur Kenntnis genommen

Beschluss:

 

 


Sachverhalt:

 

Die CDU-Stadtratsfraktion hat mit Email vom 25.05.2015  die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes in der Stadtratssitzung am 28.05.2015 beantragt.

Der Antrag der CDU-Stadtratsfraktion (Anlage 2) ist außerhalb der von der Geschäftsordnung vorgesehenen Frist eingegangen und wird daher nur Gegenstand der Tagesordnung wenn der Stadtrat die Erweiterung der Tagesordnung um diesen Punkt beschließt.

 

Der Vorsitzende begrüßt die zahlreich erschienen Eltern und Kinder der Kita Lehbesch und bittet den Vorsitzenden des Elternausschusses Herrn Fries im Kreis der Ratsmitglieder Platz zu nehmen.

Er erteilt zunächst dem Fraktionsvorsitzenden der Antrag stellenden Fraktion CDU, Herrn Batz, das Wort.

 

Herr Batz führt aus, dass nach dem dreiwöchigen Streik nun die Situation für die Eltern und Kinder der bestreikten Einrichtungen (Kita) unerträglich sei, die Zumutbarkeitsgrenze sei erreicht bzw. überschritten. Deshalb stelle sich die Frage, inwieweit die Stadt helfen könne, um in Notfällen die Betreuung der Kinder sicherzustellen evtl. durch die Einrichtung von Notgruppen oder durch die Bereitstellung der Räumlichkeiten, um die Betreuung durch die Eltern zu ermöglichen.

Zum anderen sei zu klären, wie den Eltern die Beiträge erstatten werden können. Er hält es für erforderlich, heute einen Grundsatzbeschluss zu fassen, dass die Stadt nicht von den eingesparten Personalkosten profitieren solle, sondern zu prüfen sei, wie die Elternbeiträge zurückerstattet werden könnten.

 

Der Vorsitzende bedauert, dass der Informationsfluss von der Gewerkschaft zur Stadtverwaltung nicht gegeben sei. Die Verwaltung müsse ihre Informationen über die Streikhotline beziehen. Hierauf begründe sich auch das späte Informieren der Eltern. Für zukünftige Fälle dieser Art schlägt er den Eltern vor, vermehrt die Webseite der Stadt Ottweiler zu kontaktieren. Dort werden die aktuellsten Informationen bereitgestellt.

Verständnis zeigt er für die Forderungen der Eltern und die Demonstration in der heutigen Sitzung. Zum einen sei die Betreuung der Kinder nicht gewährleistet und zum anderen müssten sie hierfür und evtl. auch noch für eine anderweitige Betreuung zahlen und Beiträge entrichten. Ganz sicher sei auch die Anhebung der Elternbeiträge, wenn die jetzigen Streiks zu Tariferhöhungen führten.

Der Vorsitzende hält es nicht für richtig, dass der Streik auf dem Rücken der Schwächsten (der Kinder) ausgetragen werde. So sehr er das Streikrecht als probates Mittel des Arbeitskampfes anerkenne, müsse hier allerdings die Frage gestellt werden, ob dieser Streik wirklich angemessen sei. Im konkreten Fall fehle ihm das Verständnis hierfür, weil im Gegensatz z. B. zum Streik der Lokführer, wo Erwachsene betroffen seien, die andere Alternativen hätten, hier alternativlose Kinder betroffen seien.

Heute Mittag 17:00 Uhr habe die Arbeitgeberseite (VKA) die Gewerkschaften zu Verhandlungen am 02.06.2015 eingeladen und Einkommensverbesserungen angeboten.

Zur Wertschätzung der Tätigkeit weist der Vorsitzende darauf hin, dass die Kita Lehbesch im Zuge der Erweiterung auch umfänglich saniert wurde und dadurch gute Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen geschaffen wurden.

Außerdem seien in diesem Jahr die Zweitkräfte tariflich besser eingruppiert worden seien, lange bevor gestreikt wurde.

Die Möglichkeit der Rückerstattung der Elternbeiträge müsse geprüft werden. Vergleiche mit anderen Bundesländern seien nicht möglich, da verschiedene rechtliche Grundlagen zu beachten seien. Auch innerhalb des Saarlandes können durch die jeweiligen Satzungen der Gemeinden Unterschiede bestehen.

Zu der öffentlichen Meinung, dass die Stadt von den eingesparten Personalkosten profitiere, erklärt der Vorsitzende, dass die Elternbeiträge höchstens zu einem Viertel die Personalkosten abdeckten. Bereits jetzt abzusehen sei, dass die laufenden Tarifverhandlungen letztendlich auch zu Beitragserhöhungen führen werden. Insgesamt gebe die Stadt Ottweiler rd. 1 Mio. Euro an Zuschussmitteln aus, um die Kinderbetreuung in der jetzigen Form in den städt. Einrichtungen (ohne FGTS) zu gewährleisten.

Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 17.12.2013 die Satzung über die Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Stadt Ottweiler beschlossen. Dort ist in § 5 Abs. 5 klar geregelt, wann die Elternbeiträge zu zahlen sind. Diese Satzung ist die verbindliche Rechtsgrundlage der Verwaltungsarbeit und daher müssen alle Anträge auf Beitragsrückerstattung negativ beschieden werden.

Der Vorsitzende beantwortet die Fragen des CDU-Antrags wie folgt:

1. Die Kindertagesstätte Lehbesch wird seit dem 8. Mai 2015 bestreikt. Ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz bestehe gegenüber der Stadt Ottweiler nicht. Träger der Jugendhilfe ist der Landkreis Neunkirchen. Das Streikrecht ist ein Grundrecht der Arbeitnehmer/Innen dient der Durchsetzung gewerkschaftlicher Forderungen. Als Grundrecht stehe dies über dem gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung.

2. Die Kitas Lautenbach und Fürth sind komplett belegt. Daher gibt es keine Ausweichmöglichkeiten. Der Versuch, eine Notgruppe auf dem Lehbesch zu installieren, ist am Einspruch des Landesjugendamtes gescheitert. Die Antwort der Gewerkschaft GEW auf Einrichtung einer Notgruppe, werde frühestens morgen nach 13:00 Uhr erwartet.

Die Möglichkeit, die Räumlichkeiten den Eltern zur eigenständigen Betreuung ihrer Kinder zur Verfügung zu stellen, sei grundsätzlich gegeben. Diese Variante könne heute Abend besprochen und geregelt werden. Der Vorsitzende macht für diesen Fall auf den fehlenden Versicherungsschutz aufmerksam.

3. Zu den finanziellen Auswirkungen der Tarifforderungen sei festzustellen, dass sie bei den städtischen Einrichtungen zusammen ca. 136.000 Euro jährlich ausmachten. Die Höhe der Elternbeteiligung ist bei höchstens 25% festgelegt. Die Steigerung der Personalkosten bei der FGTS liege bei 41.200 Euro, wobei hier die Elternbeiträge festgeschrieben seien.

4. Geld für das Mittagessen wird nur nach tatsächlicher Teilnahme an der Mittagsverpflegung in Rechnung gestellt. Die Möglichkeit der Rückerstattung der Elternbeiträge (täglich ca. 640 Euro = insgesamt bis jetzt rd. 15.000 Euro) bestehe

1. durch die tatsächliche Rückerstattung. Hierzu müsse jedoch ein neuer Haushaltstitel ausgewiesen werden, da eine Rückerstattung in der Satzung nicht vorgesehen sei. Die Beschlussfassung einer außerplanmäßigen Ausgabe ist wg. fehlender Unabweisbarkeit rechtlich unzulässig. Die Finanzierung müsse daher durch Mittelübertragung von anderen Positionen des Teilhaushaltes 3 sichergestellt werden, was zu Lasten anderer freiwilliger Leistungen gehe (Kultur, Jugendarbeit, Märkte, Feuerwehr etc.).

2. Denkbar sei auch eine Verrechnung der gezahlten Elternbeiträge. Die Anpassung der Elternbeiträge fiele geringer aus, weil die durch den Streik verringerten Personalkosten in vollem Umfang berücksichtigt werden könnten, sofern keine Auszahlung an die Eltern erfolge.

Einzige satzungskonforme Regelung sei die Möglichkeit 2. Von Seiten des Innenministeriums sei eine Vorschrift angekündigt worden, mit der die Erstattung der Elternbeiträge geregelt werde.

Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, dass bei einer Fortsetzung des Streiks über den 08.06.2015 hinaus, die Rückerstattung lt. Satzung erfolgen müsse.

 

Der Vorsitzende des Elternausschusses, Herr Fries, beschreibt die aktuelle Situation aus Sicht der Eltern. Ca. 40 Krippenkinder und 115 Kinder zwischen 3 - 6 Jahren sind von dem derzeitigen Streik der Erzieher/Innen in Ottweiler betroffen. Ein Ende des Streikes ist nicht abzusehen und dadurch werde die Betreuungslage der Kinder zunehmend kritischer. Ständig wechselnde Betreuungspersonen seien besonders bei den Kleinsten (Krippenkindern) problematisch. Die zusätzlich erforderliche Betreuung der Kinder stellt für die Eltern nicht nur einen erheblichen organisatorischen Aufwand sondern auch einen enormen Kostenfaktor dar. Dadurch, dass viele Eltern ihren Jahresurlaub wg. des Streiks z. T. schon nehmen mussten, sei die Betreuung der Kinder während der Schließtage nun nicht mehr gewährleistet. Auch dies sei eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Eltern. Zur angebotenen Betreuung durch die Eltern in der Einrichtung könne er im Moment keine Aussage machen.

Herr Fries fordert im Namen der Elternschaft

1. eine möglichst schnelle Gewährleistung der Betreuung, die den Kindern rechtlich auch zustehe,

2. keine Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Kinder zu betreiben und die geleisteten Elternbeiträge anteilig zurück zu erstatten.

Er gibt zu bedenken, dass bei der vom Bürgermeister angebotenen Verrechnung (Möglichkeit 2) die Eltern der Schulneulinge bzw. der Krippenkinder, die in den Kindergarten kommen, hiervon keinen Nutzen hätten.

Zwar haben die Eltern mit Anerkennung der Satzung einer Streik bedingten Schließung zugestimmt, dennoch appelliere die Elternschaft daran, dass der Stadtrat die Belange und Nöte der Kinder berücksichtige.

 

Der Vorsitzende weist bzgl. der Rückerstattung der Elternbeiträge nochmals auf die aktuell gültige Rechtslage hin.

 

Herr Stephan Klein (SPD) kritisiert die Äußerung des Vorsitzenden, wonach ihm das Verständnis für den Streik fehle. Er ist der Meinung, dass die Ausweitung des Streiks genau auf diese Haltung des VKA’s zurückgehe. Dort fehle es an der Bereitschaft, über die Forderungen der Gewerkschaften zu verhandeln.

Das Streikrecht sei ein Grundrecht, über das nicht nachzudenken geschweige denn zu diskutieren sei. Es dürfe weder von Seiten der Stadtverwaltung noch vom Stadtrat ein Keil zwischen Elternschaft und Erzieher/Innen getrieben werden. Im Bildungsbereich seien die Anforderungen an das Personal stark gestiegen, was auch gerecht entlohnt werden müsse. Im Übrigen vertritt Herr Klein die Position der Gewerkschaften.

Er führt aus, dass SPD-Fraktion für eine Satzungsänderung dahin gehend eintrete, dass in solchen Fällen die Rückerstattung der Elternbeiträge möglich werde.

Herr Klein weist auf die Möglichkeit hin, über die Gewerkschaften Notgruppen einrichten zu lassen. Er hält die Rückzahlung der Elternbeiträge für machbar, wie das Beispiel anderer Gemeinden zeige.

 

Der Vorsitzende stellt richtig, dass die VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände) die Interessen der Kommunen vertrete. Er weist nochmals darauf hin, dass er niemandem das Recht auf Streik abspreche. Ebenso wenig sei ihm daran gelegen, einen Keil zwischen Eltern und Erzieher zu treiben. Er appelliert an eine sachliche Diskussion. Zur Rückzahlung der Elternbeiträge (in anderen Gemeinden) ist er der Meinung, dass ein Unterschied bestehe zwischen der geäußerten Absicht und der Durchführung. Sollten rechtswidrige Beschlüsse gefasst werden, müsse die Kommunalaufsicht entscheiden.

Er weist darauf hin, dass die Beratung über dieses Thema schon für die nächste Sitzung des Ausschusses für Bildung, Soziales, Gesundheit und Stadtmarketing am 09.06.2015 vorgemerkt sei.

 

Auch Herr Burger (Grüne) ist der Meinung, dass eine Beeinflussung der Streikenden nicht geschehen dürfe. Er wiederholt ausdrücklich seine Aufforderung von letzter Woche (Ausschuss-Sitzung), der Bürgermeister müsse hier endlich tätig werden. Bzgl. der Beitragsrückerstattungen zweifelt er nicht daran, dass ein entsprechender Erlass des Innenministeriums auf den Weg gebracht werde. Im Haushaltssanierungspaket seien Mehrausgaben in Höhe von 17.000 Euro bereits vorgesehen und auch für die kommenden Jahre fortgeschrieben. Er ist der Auffassung, dass die zukünftige Entwicklung noch nicht abzusehen sei. Ebenso sei abzuwarten, ob der Elternanteil an den Personalkosten bei 25% bleibe. Er mahnt an, in Zusammenarbeit mit den Eltern oder den Gewerkschaften unverzüglich eine Notgruppe einzurichten.

 

Der Vorsitzende weist den Vorwurf der Untätigkeit vehement zurück. Er beanstandet die fehlenden Informationen seitens der Gewerkschaften, die die frühzeitige Einrichtung einer Notgruppe verhindert hätten.

 

Herr Batz (CDU) bittet um Sachlichkeit bei der kontroversen Diskussion. Durch Schuldzuweisungen werde den Eltern und Kindern nicht geholfen. Er ist der Meinung, dass jetzt Gespräche zwischen VKA und Gewerkschaften aufgenommen werden müssen. Wer die Gesprächsrunde einleite, sei relativ egal.

Die Einrichtung einer Notgruppe, evtl. mit Betreuung durch die Eltern, sollte schnellstmöglich erfolgen. Einigkeit über die Erstattung der Elternbeiträge während der Streikwochen bestehe wohl fraktionsübergreifend, lediglich das Procedere sei noch zu beschließen. Er schlägt vor, den Vorsitzenden des Elternausschusses, Herrn Fries, zur o. a. Sitzung des Bildungsausschusses einzuladen.

 

Herr Gerhardt (CDU) verteidigt die Handlungsweise des Bürgermeisters. S. M. nach wurden von ihm alle Möglichkeiten ausgeschöpft, den Eltern kurzfristig zu helfen und eine Betreuung zu organisieren. Leider war dies aufgrund fehlender Reaktion der Gewerkschaften nicht möglich. Er begrüßt den Vorschlag, notfalls eine von Eltern betreute Notgruppe in der Kita einzurichten. So befänden sich die Kinder wenigstens in einer vertrauten Umgebung.

 

Stephan Klein - Wiederholung von vielem aus erstem Redebeitrag - Gewerkschaftsplädoyer

 

Entgegnung Bürgermeister VKA-Angebot - nicht Verdi sondern GEW

 

Herr Rosenfeldt (CDU) äußert Verständnis für die Eltern der bestreikten Einrichtung. Daher sollte gemäß dem Antrag seiner Fraktion darüber beraten werden, wie den Eltern im Rahmen der Möglichkeiten geholfen werden könne. Diese seien vom Bürgermeister aufgezeigt worden.

 

Herr Dr. Brück (SPD) merkt an, dass bzgl. der Rückerstattung der Elternbeiträge sich sowohl die Verwaltung als auch der Stadtrat einig seien. Jedoch müsse nicht unbedingt heute eine Entscheidung darüber getroffen werden. Er spricht sich dafür aus, die Verwaltung zu beauftragen, im Einvernehmen mit dem Innenminister, nach einer praktikablen Lösung zu suchen. Es sei keine Eile geboten, da eine Rückzahlung nur aus dem Haushalt 2015 erfolgen könne, der ja noch nicht genehmigt sei.

Zur Betreuungssituation stellt er fest, dass der Stadtrat nur bedingt über Einflussmöglichkeiten verfüge. Hier müsse seitens der Verwaltung schnellstmöglich Abhilfe geschaffen werden. Er bietet die Bereitschaft des Rates an, notfalls in einer Sondersitzung die erforderlichen Beschlüsse zu fassen.

 

Der Vorsitzende dankt Herrn Dr. Brück für dessen sachliche Zusammenfassung. Grundsätzliche Übereinstimmung bestehe zu dem Thema Rückerstattung des Elternbeitrages. Hier bestehe noch Klärungsbedarf mit dem Ministerium.

Zur Betreuungssituation bestehe zum einen die Möglichkeit einer Notgruppe, eingerichtet durch die Gewerkschaft. Hier könne frühestens morgen Mittag mit einer Nachricht der GEW gerechnet werden. Zum anderen bestehe seitens der Verwaltung das Angebot, die Notgruppe ab Montag (sollte die GEW ablehnend bescheiden) mit Betreuung durch die Eltern in der Kita zu betreiben. Ein entsprechender Vertrag könne am Montagmorgen um 7:30 Uhr in der Kita abgeschlossen werden. Er bittet Herrn Fries zu prüfen, wer für diese Aufgabe zur Verfügung stehe.

Im Übrigen macht er darauf aufmerksam, dass die neuesten Meldungen auf der Web-Seite der Stadt Ottweiler abgerufen werden können.

 

Herr Fries stimmt dem Vorschlag des Bürgermeisters zu.

 

Herr Stephan Klein (SPD) schlägt vor, dass Herr Fries Kontakt mit dem streikenden Personal der Kita aufnehmen sollte, damit der Informationsfluss gewährleistet sei.